Mittwoch, 29. Juli 2015

TeleferiQo und der Aufstieg auf Quitos Hausberg Rucu Pichincha


Wir alte Bergsteiger wollten uns, wenn wir schon so lange in Quito weilen, den Aufstieg auf den Hausberg Rucu Pichincha mit seinen 4.696m nicht entgehen lassen, zumal wir überall lesen konnten, dass dieser doch sehr einfach ist. Nach einer Woche Akklimatisierung in der höchsten Hauptstadt der Welt, machen wir uns an einem wunderschön sonnigen Sonntag auf.

Auch wenn der Weg ohne besonderes Material zu bewältigen ist, möchten wir gerne mit dem Vorurteil einer "einfachen Wanderung für Jedermann" aufräumen. Auch wenn schneefrei, ist der Rucu Pichincha nur gut 100m niedriger als der Mont Blanc (4.810m), immerhin der höchste Berg Europas. Hier würde auch niemand auf die Idee kommen, einfach mal loszulaufen.

Früh am Sonntagmorgen bei strahlendem Sonnenschein besteigen wir den TeleferiQo, die Seilbahn von Quito, die uns in etwa 30 min auf ca. 4.000m hinaufgondelt. Unten an der Talstation liegt ein kleiner Freizeitpark, der um diese Uhrzeit zwar noch geschlossen hat, am Nachmittag aber gut besucht ist.

Der TeleferiQo wurde 2005 zu Touristenzwecken erbaut und war damals die höchstgelegene Seilbahn der Welt. Allerdings besitzt er nur 18 Gondeln. Alleine schon deshalb ist es ratsam früh unterwegs zu sein, da sich recht schnell lange Schlangen bilden. Von der Bergstation gibt es einen Downhilltrek, der von Mountainbikern eifrig genutzt wird. Die Fahrräder können einfach außen an die Gondeln gehängt werden. Was für ein Service.

Um kurz nach 9 Uhr sind wir bereits an der Bergstation und genießen einen traumhaften Ausblick über das nie zu enden scheinende Quito sowie die Bergkulisse mit den verschneiten Vulkanen Cotopaxi und Cayambe.

Gut ausgerüstet mit ausreichend Wasser, einem warmen Flies, Windjacke, Mütze, Handschuhen, Sonnencreme mit LSF 60+ sowie ordentlichen Schuhen folgen wir dem breiten Weg in Richtung Rucu Pichincha. Dieser ist tatsächlich nicht zu verfehlen, auch wenn es keine Markierungen gibt. Schnell merken wir die extreme Sonneneinstrahlung und auch die dünne Luft. Es geht deutlich langsamer voran, als bei einer vergleichbaren Tour in den Alpen.

Nach etwa 1,5h über sanfte Hügel geht es in den Berg hinein. Alle, die keine oder nur wenig Wandererfahrung haben, falsch ausgestattet sind oder bereits Anzeichen einer Höhenkrankheit haben, sollten spätestens hier umkehren. Ebenso wenn das Wetter umschlägt. Der Rucu Pichincha ist in einem weiten Umkreis die höchste Erhebung. Ich habe nun schon mehrere Berichte von Touristen gelesen, die hier vor einem Unwetter flüchten mussten bzw. von Todesfällen durch Blitzschlag.

Für alle anderen geht es nun nochmal ca. 1,5h weiter stetig bergauf. Der breite Weg ist inzwischen auf einen kleinen Wanderpfad zusammengeschrumpft. Mehrmals kommen leichte Kletterpassagen, die ohne jegliches Hilfsseil, wie es in Europa überall üblich ist, bewältigt werden müssen. Etwa eine 3/4h vor dem Gipfel endet der klar zu erkennende Weg und es gibt x Routen, die nun über Sand und Geröll zum Ziel führen. Die letzten 100 Höhenmeter müssen über ausgesetzte Felsen erklommen werden. Hier ist absolute Trittsicherheit erforderlich.

Und dann ist es auch schon geschafft. Warm eingepackt stärken wir uns und genießen den tollen Panoramablick. Nur wenige Meter über uns gleiten die Wolken vorbei. Wir haben das Gefühl, wenn wir eine Leiter dabei hätten, könnten wir sie berühren.

Nach ca. 20 min machen wir uns wieder an den Abstieg. Der Wind pfeift trotz Sonnenscheins ziemlich heftig. Unterwegs treffen wir auf allerlei andere Wanderer. Viele versuchen mit Sneakers den Berg zu bewältigen, andere kämpfen bereits mit der Höhenkrankheit. Zwei Australierer haben es bis zu den letzten ausgesetzten Metern geschafft und sind dann umgekehrt, da es ihnen ohne jegliche Klettererfahrung zu gefährlich war. Wir treffen sogar auf zwei Ecuadorianer die sich in Crocs und ohne Wasser auf den Weg gemacht haben. Wir schenken ihnen eine unserer Flaschen, da wir schon fast unten sind und warnen sie vor dem Aufstieg. Wir sind wirklich erschrocken wie viele Leute sich komplett naiv in den Berg wagen.

1,5h später sind wir wieder sicher an der Bergstation. Hier ist es an windgeschützten Stellen angenehm warm, sodass wir uns ins Gras setzen und uns freuen, dass wir ein solches Glück mit dem Wetter haben und beide ohne jegliche Höhenkrankheit die knapp 4.700m bewältigen konnten.

An der Talstation des TeleferiQos ein kleiner, gut besuchter, Freizeitpark

Ca. 30min geht es langsam in 6er Gondeln bergauf

Von oben bietet sich ein unglaublicher Blick über die riesige, langgezogene Stadt

Wir hatten Glück mit dem Wetter und die weiß verschneite Spitze des Cotopaxis ist gut zu sehen



Zu Beginn ist der Weg noch breit und bequem, das Ziel stets im Blick
An manchen Passagen muss ohne Hilfsseil geklettert werden


Was für ein unwirkliches Grün

Ecuadorianischer Edelweiß
Die letzten Meter bis zum Gipfel

Panoramablick vom Gipfel

Wow geschafft. In 4.696m wird die Luft tatsächlich dünn

Nach dem Abstieg noch einmal in der Sonne relaxen und die Aussicht genießen
und die ersten Alpakas bewundern

5 Kommentare:

  1. Wow, das sind echte Höhen. Danach ist der Widderstein im Kleinwalsertal für euch wirklich nur ein Spaziergang! Der Reinhold Messner hätte seine wahre Freude an euch!

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  2. Christian K.: Hallo ihr beiden, es ist immer wieder super, Eure Erlebnisse zu verschlingen!
    Falls Ihr noch in Quito seid, könnt Ihr auch den Cotopaxi in Angriff nehmen. Ich habe das bei meiner Zeit in Quito versucht, aber auf Grund von viel Neuschnee sind mir von der Hütte (auf 4800m) nur bis 5550m Höhe gekommen. Weiter ging's nicht, da man bis zu den Knien im Schnee versunken ist. Trotzdem war das ein unvergessliches Erlebnis: Sonnenaufgang auf 5550m Höhe, die Gletscherspalten, der Ausblick!!! Ohne Führer würde ich es nicht machen (damals kam uns ein Franzose entgegen, der seine Steigeisen in den Händen hatte - er wusste nicht, wie man sie anlegt...). Viel Spaß noch!!!

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    1. Wir werden zwar den Cotopaxi in Angriff nehmen, aber nur bis zur Schneegrenze (ca. 5.000m). Das reicht uns dieses Mal. Ohne Führer ist mittlerweile verboten in den Park zu gehen, daher ist das sowieso keine Alternative.
      Gruß Thomas

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  3. Glückwunsch! Und danke für die tollen Bilder!
    Wer hat schon das Glück bei klarer Sicht auf ein ein fast 5000-er zu steigen? Nur die Tüchtigen.
    Klar, nicht nur der Schwierigkeitsgrad vor allem die dünne Luft ist das Anstrengende.
    Rückblick: Vor genau 150 Jahren wurde zum ersten Mal das Matterhorn bestiegen. (4678m). Das Drama bei Abstieg ist bekannt.

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  4. Toll nun bin ich aufgeflogen... Das passiert, wenn man die Beiträge in falscher Reihenfolge liest, erst Klugscheißen und dann als en bloc Leser auffallen.

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